interview
Corona und der Nahverkehr: Distanz und Masken bleiben wichtig

Zur Person: Prof. Dr. med. Helmut Fickenscher ist Virologe. Seit 2005 hat er einen Lehrstuhl für Virologie an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel und ist Direktor des Instituts für Infektionsmedizin am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH). Er ist außerdem Präsident der Deutschen Vereinigung zur Bekämpfung der Viruskrankheiten (DVV). 2001 wurde er mit dem Forschungspreis der Varicella-Zoster Virus (VZV) Research Foundation in New York ausgezeichnet.

Guten Tag Herr Prof. Dr. med. Fickenscher. Das Coronavirus bestimmt weiter unseren Alltag. Wie schätzen Sie das Risiko einer Übertragung bei der Fahrt mit Bahn oder Bus in Schleswig-Holstein ein?

Bei Distanzierung und konsequenter Mund-Nasen-Bedeckung besteht wenig Risiko; allerdings kann sich das beim Auftreten neuer Varianten gegebenenfalls ändern. Aktuell gibt es dazu aber noch keine klaren Fakten.

 

Wie wichtig erscheint Ihnen – auch vor dem Hintergrund von ansteckenderen Mutanten des Virus – das Thema Flächenreinigung beziehungsweise -desinfektion im Nahverkehr? 

Auch bei Grippe-Epidemien gelten Oberflächen öffentlicher Verkehrsmittel als wesentlicher Übertragungsweg. Entsprechend sollte man die Oberflächen, Griffe etc. möglichst wenig berühren. Auch wenn viele Nutzer des Öffentlichen Personennahverkehrs vermutlich skeptisch sind, sollte eine regelmäßige Desinfektion oder Reinigung mit einem alkoholischen oder seifenhaltigen Mittel mehrfach täglich durch den Betreiber Standard sein.

 

Was ist Ihre Einschätzung zu FFP2-Masken und OP-Masken? 

Die Masken sind eine voll nachvollziehbare Grundlage des Betriebs des Öffentlichen Personennahverkehrs unter Pandemie-Bedingungen. 

 

Ein wichtiger Baustein im Kampf gegen das Coronavirus sollte die Corona-Warn-App sein, die auch im Hinblick auf die Nutzung im Nahverkehr in die Kritik geraten ist. Halten Sie eine Verknüpfung von Nutzerdaten und Aufenthalt im Nahverkehr für sinnvoll, vergleichbar mit der Luca-App für Restaurants? 

Auch wenn der Nutzen bisher beschränkt geblieben ist, könnte dieser Ansatz mög­licherweise in Zukunft hilfreich werden.

 

Wann glauben Sie, können sich die Impfungen positiv auf das Mobilitätsverhalten der Schleswig-Holsteiner*innen auswirken? 

Die Coronavirus-Impfungen werden sich im öffentlichen Raum erst dann bemerkbar machen, wenn der weit überwiegende Großteil der Bevölkerung geimpft ist. Das bedeutet deutlich mehr als 60 Prozent.

 

Wie hat sich Ihr persönliches Mobilitätsverhalten durch die Pandemie verändert? Unter welchen Bedingungen würden Sie gegenwärtig Bahn oder Bus fahren?

Der Grundsatz der Kontaktminimierung legt nahe, auf die Nutzung des Öffentlichen Personennahverkehrs wenn irgend möglich zu verzichten. Ich habe seit Herbst weder Bahn noch Bus benutzt und bewege mich hauptsächlich mit dem Fahrrad fort.